Erbe und Vermächtnisnehmer
Einer der häufigsten Fehler beim Verfassen von Testamenten ist leicht zu umgehen: Verwechseln Sie nicht die Begriffe Erbe und Vermächtnisnehmer! Ihr Erbe tritt zum Zeitpunkt Ihres Todes in Ihre Rechte und vor allem auch Pflichten ein. Er wird also Eigentümer des Nachlasses, aber auch Inhaber Ihrer Schulden. Anders ist es beim Vermächtnisnehmer. Dieser kann das, was Sie ihm vermacht haben, vom Erben herausverlangen. Das heißt, er erhält zunächst nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben auf Übereignung eines Gegenstandes oder Geldbetrages.
Sinnvoll ist es daher, denjenigen, der den Grossteil Ihres Vermögens erhalten soll, zum Erben einzusetzen. Wer lediglich einzelne Gegenstände oder einen Geldbetrag erhalten soll, sollte nur als Vermächtnisnehmer bezeichnet werden. Verwenden Sie auch die Begriffe “vererben” und “vermachen” möglichst richtig.
Vor- und Nacherbe
Schwer verständlich erscheinen für viele Laien auch die Begriffe Vorerbe und Nacherbe. Was sich dahinter verbirgt, ist eigentlich ganz einfach zu erklären: Sowohl Vor- als auch Nacherbe sind Erben des selben Erblassers. Durch diese Regelung setzt der Erblasser fest, dass zunächst eine Person als Erbe eingesetzt werden soll (Vorerbe), nach einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis die Erbschaft aber auf eine andere Person (Nacherbe) übergehen soll.
Klassisches Beispiel wäre folgendes: Der Großvater möchte seinem achtzehnjährigen Enkel ein Ferienhaus und die Hälfte seines Vermögens vererben. Wohl wissend, dass der Enkel sein Geld bisher auf Partys verprasste, setzt er dessen Mutter als Vorerbin bis zum dreißigsten Geburtstag des Enkels ein. Das heißt, die Mutter wird zunächst Erbin des Ferienhauses und des Vermögens. Am dreißigsten Geburtstag des Enkels geht das Eigentum an Ferienhaus und einen Anteil am Vermögen automatisch auf den nunmehr gereiften und vernünftigen Enkel über. Damit die Mutter das Ferienhaus nicht verkauft und das Geld Ihrerseits verprasst, können ihre Verfügungsmöglichkeiten während der Erbschaft beschränkt werden. Außerdem gehört nunmehr auch all das, was die Mutter mit Mitteln aus dem Nachlass erwirbt, zur Erbschaft.
Ersatzerbschaft
Der Ersatzerbe wird nur dann Erbe, wenn der zunächst eingesetzte Erbe zum Beispiel durch sein Versterben wegfällt. Wichtig dabei ist, dass dies vor dem Erbfall geschehen muss. Andernfalls vererbt der Ersatzerbe den Nachlass wiederum auf seinen Erben. Auch hier erscheint ein Beispiel für das leichtere Verständnis sinnvoll. Der Großvater setzt seine Tochter zur Alleinerbin und einen Tierschutzverein zum Ersatzerben ein. Der Großvater stirbt am 01.01.2015. Erleidet allerdings die Tochter bereits am 31.12.2014 einen tödlichen Unfall, so erbt der Tierschutzverein als Ersatzerbe anstelle der Tochter. Ereignet sich der Unfall hingegen erst am 02.01.2015, so hat die Tochter bereits geerbt. Daher fällt das Ererbte in Ihren Nachlass und geht auf ihre Erben über. Der Tierschutzverein geht leer aus.
Heike Richter