Damit auch jeder das bekommt, was ihm zustehen soll, sind die Grundbegriffe zu klären. Eine Ihren Wünschen entsprechende Regelung zu finden, dient dieser Artikel.
Wie hoch ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteilsanspruch kommt immer dann zum Tragen, wenn gesetzliche Erben von der Erbfolge ausgeschlossen werden sollen. Dies sind vor allem der Ehegatte, die Abkömmlinge des Erblassers oder in Ermangelung von Abkömmlingen dessen Eltern. Grundsätzlich gilt: Ohne Vorliegen besonderer Gründe können die gesetzlichen Erben nicht gänzlich von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Ihnen steht gemäß § 2303 BGB der Pflichtteil zu.
Der Pflichtteil besteht in der Hälfte dessen, das bei gesetzlicher Erbfolge beerbt würde. Das heißt es ist der Nachlasswert gemäß § 2311 Abs. 1 BGB zu ermitteln. Dies geschieht mit einer einfachen Formel: Summe aller Positiva des Erblassers – also seines gesamten Vermögens. Davon abgezogen werden die Passiva des Nachlasses – also sämtliche Schulden des Verstorbenen. Aber Nachlassverwaltungssteuern und Erbschaftssteuern sind natürlich nicht abzuziehen. Was dabei unter dem Strich rauskommt, stellt den Nachlasswert dar.
Nach Feststellung des Nachlasswertes ist der Erbteil zu ermitteln. Wie hoch der gesetzliche Erbteil ausfallen würde, können Sie hier nachlesen.. Hier geben die 1924 ff. BGB Aufschluss. Der Pflichtteilsanspruch ist gegenüber dem Erben geltend zu machen.
Was ist ein Vermächtnis?
Mit einem Vermächtnis können einer x-beliebigen Person bestimmte Nachlassgegenstände oder auch ein Geldbetrag vermacht werden.
Die bedachte Person erhält dadurch einen Anspruch gegen den Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses. Das heißt, der Erbe hat dem Vermächtnisnehmer den Vermögensgegenstand oder den Geldbetrag zu übereignen. Beachten Sie bitte, dass ein Vermächtnis aktiv geltend zu machen ist.
Das Verhältnis zwischen Pflichtteil und Vermächtnis
Aber was geschieht, wenn Pflichtteil und Vermächtnis kollidieren? Diese Frage stellt sich insbesondere wenn die Erbmasse nicht ausreicht, um beides voll zu erfüllen. Grundsätzlich gilt: Der Pflichtteilsberechtigte obsiegt. Andernfalls könnte der Pflichtteil ja ohne weiteres durch ein entsprechend hohes Vermächtnis ausgehöhlt werden.
In der Praxis heißt das, das Vermächtnis wird vom Nachlasswert gerade nicht abgezogen. Es ist nachrangig zu befriedigen. Das bedeutet, der Erbe hat stets zunächst den Pflichtteil gemäß § 2318 Abs. 1 BGB auszugleichen; nur von dem was übrig bleibt, kann ein Vermächtnis ausgeglichen werden. Würde das Vermächtnis den Pflichtteil mindern, hat der Vermächtnisnehmer diese Minderung abzugelten.
Rechenbeispiel: Vermächtnis und Pflichtteil
Der Nachlasswert beträgt 100,00,00 Euro nach Abzug aller anrechenbaren Verbindlichkeiten. Der Sohn des Erblassers ist zu einem Viertel neben der allein als Erbe eingesetzten Ehefrau des Erblassers pflichtteilsberechtigt – 25.000,00 Euro. Gleichzeitig wurde ein Vermächtnis in Höhe von 100.000,00 Euro für den Tierschutzverein „Hunde in Not“ verfügt.
Es ist zunächst der Pflichtteil in Höhe von 25.000,00 Euro zu begleichen. Danach der Pflichtteil der Ehefrau mit 50.000,00 Euro. Für den Tierschutzverein bleiben also nur 25.000,00 Euro als Vermächtnis.
Wege zur Rechtssicherheit zwischen Pflichtteil und Vermächtnis
Ein Vermächtnis kann den Pflichtteil nicht mindern. Es sind erst alle Pflichtteilsberechtigten zu befriedigen, dann die Vermächtnisnehmer. Der Vermächtnisnehmer ist verpflichtet, den Pflichtteil auszugleichen und erforderlichenfalls auf einen Teil seines Vermächtnisses zu verzichten. Ansprüche aus Pflichtteil und Vermächtnis richten sich gegen den Erben. Um Pflichtteilsberechtigte, Erben und Vermächtnisnehmer wunschgemäß zu begünstigen, sollten Erblasser zunächst die Vermögenslage klären. Eine korrekte Berechnung des Nachlasswertes ist hier Gold wert. Vermögenswerte sind dann so aufzuteilen, dass Pflichtteilsansprüche nicht ausgehöhlt werden. Nur das, was nach Anrechnung aller Pflichtteile übrigbleibt, sollte vermacht werden.