Ein minderjähriges Kind kann sowohl nach der gesetzlichen Erbfolge als auch aufgrund eines Testaments erben. Doch wenn Minderjährige erben gibt es die Besonderheit, dass diese im Erbfall noch nicht voll geschäftsfähig sind. Lesen Sie hier, worauf Eltern bei der Verwaltung des Erbes achten müssen und wie der Minderjährige vor einem Missbrauch der Vermögenssorge geschützt ist.
Wer verwaltet das Vermögen für minderjährige Erben?
Bis zur Volljährigkeit liegt die Vermögensverwaltung in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter, also der sorgeberechtigten Eltern oder eines Vormunds. Das bedeutet, dass der Minderjährige nicht ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter über sein Erbe verfügen kann. Alle nachteiligen Rechtsgeschäfte oder solche mit weitreichenden Konsequenzen bedürfen immer der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters. Auch die Erbschaft fällt unter solche mitwirkungsbedürftige Rechtsgeschäfte. Denn eine Erbschaft ist immer nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten versehen.
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft bei Minderjährigen
Der Minderjährigen darf eine Erbschaft nicht eigenständig annehmen. Denn damit verliert er das Recht, die Erbschaft auszuschlagen, was negative Konsequenzen haben kann, wenn der Nachlass überschuldet ist. Stattdessen müssen die gesetzlichen Vertreter des Kindes, die Annahme erklären und vorher prüfen, ob das Erbe Nachteile mit sich bringt. Das gilt auch für die Beantragung eines Erbscheins.
Wichtig: Wenn die Erbschaft nicht ausdrücklich angenommen oder ausgeschlagen wird, sondern, die Beteiligten einfach untätig bleiben, tritt der Erbfall automatisch ein.
Sollte der Minderjährige oder dessen Sorgeberechtigter in seinem Interesse das Erbe ausschlagen wollen, bedarf dies immer der Genehmigung des Familiengerichts. Die Ausschlagung erfolgt entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form, wofür die Unterschriften beider sorgeberechtigter Elternteile bzw. des Vormundes erforderlich sind. Bei der Ausschlagung ist auch bei Minderjährigen grundsätzlich eine Frist von 6 Wochen zu beachten. Es genügt, wenn innerhalb dieser Frist die Ausschlagung erklärt und die Genehmigung des Gerichts beantragt wird.
Ein Elternteil stirbt – was erbt das Kind?
Sofern der Erblasser mit dem anderen Elternteil nicht verheiratet war, erbt das Kind bzw. die Kinder gemäß der gesetzlichen Erbfolge zu gleichen Teilen. Bei zwei Kindern erbt also beispielsweise jedes Kind die Hälfte. Der Lebenspartner erbt nur, falls es ein entsprechendes Testament oder einen Erbvertrag gibt.
Falls die Elternteile verheiratet waren, dann bilden Kinder und Ehegatte eine Erbengemeinschaft. Die genaue Aufteilung des Nachlasses richtet sich nach dem Güterstand der Ehe. Lesen Sie hier alles zum Thema Aufteilung des Nachlasses.
Wer hat die Vermögenssorge bei minderjährigen Kindern?
Wichtig ist insbesondere die Frage, wer das ererbte Vermögen des minderjährigen Kindes bis zur Volljährigkeit verwaltet, insbesondere bei unverheirateten Eltern. Denn das Sorgerecht geht im Todesfall eines Elternteils automatisch auf den verbliebenen Elternteil über und damit auch die Vermögenssorge, die ein zentraler Bestandteil des Sorgerechts ist. Die Eltern sind somit normalerweise die gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Kinder. Ausnahmen gibt es in Fällen, in denen das Sorgerecht entzogen wurde oder im Rahmen einer Sorgerechtsverfügung oder von dritter Seite Einwendungen gemacht werden. In solchen Fällen wird das Familiengericht eingeschaltet.
Falls kein Elternteil des Kindes mehr lebt bzw. diesem das Sorgerecht entzogen wurde, wird vom Familiengericht ein Vormund bestimmt, der die Sorge bis zur Volljährigkeit übernimmt.
Tipp: In einer Sorgerechtsverfügung können Eltern festlegen, wen Sie als Vormund für ihr minderjähriges Kind wünschen oder wen sie ablehnen. Die letzte Entscheidung liegt beim Familiengericht, das sich aber in der Regel an den Wünschen der Eltern orientiert.
In welchem Rahmen dürfen die Eltern über das Erbe des Kindes verfügen?
Die Eltern müssen die Prinzipien der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung berücksichtigen, die darauf abzielen, das ererbte Vermögen der Kinder ökonomisch zu managen und gewinnbringend anzulegen. Das bedeutet aber nicht, dass sie dem Erbe gar nichts entnehmen dürfen. Sie müssen immer zum Wohle des Kindes agieren und das Vermögen im Sinne des Kindes verwenden, beispielsweise für einen Führerscheinerwerb mit 17 oder eine Sprachreise, die ansonsten nicht finanziert werden kann. Alle finanziellen Leistungen, die zum alltäglichen Unterhalt gehören, müssen Eltern aus dem eigenen Vermögen leisten. Die Unterhaltspflicht darf also nicht durch Vermögensentnahme aus der Erbschaft des Kindes erfüllt werden.
Falls das Kind die Erbschaft gar nicht antreten oder eine Erbauseinandersetzung oder den Erbteil verkaufen möchte, bedarf es vor Umsetzung der Genehmigung durch das Familiengericht. Des Weiteren muss das Familiengericht zustimmen, bevor man Geschäfte mit Grundstücken, Bürgschaften, Darlehen, bestimmte gewerbliche Verträge sowie Dauerschuldverhältnisse mit einer Mindestlaufzeit von einem Jahr tätigt.
Egal, ob Elternteil oder Vormund: Wer mit der Vermögenssorge für einen minderjährigen Erben betraut ist, hat Pflicht, ein Erbschaftsverzeichnis zu erstellen und an das Familiengericht zu übergeben, sofern die Erbschaft mehr als 15.000 Euro wert ist (siehe § 1640 BGB).
Was passiert nach Eintritt der Volljährigkeit des minderjährigen Erben?
Gemäß § 1698 BGB sind die Eltern verpflichtet, mit dem Erreichen der Volljährigkeit ihres Kindes sämtliches von ihnen verwaltete Vermögen an das volljährige Kind herauszugeben. Im Sinne des Kindes sollte daher genau dokumentiert werden, wenn vorher (zum Wohle des Kindes) Geld aus dem Erbe entnommen wurde. Eine Vermischung des Vermögens des Kindes mit dem Eigenvermögen der Eltern sollte unbedingt vermieden werden.
Doch letztlich kann das Familiengericht erst einschreiten, wenn die Eltern das Vermögen des Kindes so stark gefährden, dass den Eltern die elterliche Sorge ganz oder zu Teil entzogen werden muss. Solche Fälle sind in der Praxis schwer zu prüfen. Wer ein minderjähriges Kind (beispielsweise das Enkelkind) im Testament als Erben einsetzen will, sollte also darin auch einen Vermögensverwalter nennen bzw. genaue Vorgaben machen.
Wie erfährt das Familiengericht, dass Minderjährige erben?
Aufgrund des besonderen Schutzbedürfnisses von Minderjährigen, wird nach § 356 Abs. 1 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) das Familiengericht direkt vom Nachlassgericht über den Vermögenserwerb des Kindes informiert. Das Familiengericht wird dann prüfen, wie hoch das Erbe ist und ggf. ein Erbschaftsverzeichnis vom Sorgeberechtigten anfordern.
Können auch ungeborene Kinder schon erben?
Ja, generell können auch zum Zeitpunkt des Todesfalls noch nicht geborene Kinder erben. Gemäß § 1923 Abs. 1 BGB gilt ein bereits gezeugtes, aber noch ungeborenes Kind als erbfähig. Man spricht von einem Nasciturus. Ein Kind, das vor dem Erbfall gezeugt, aber erst danach geboren wird, wird rechtlich also so behandelt, als ob es bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls auf der Welt gewesen wäre. Aber Achtung: Das eigentliche Erbe fällt erst bei der Geburt des Kindes an und nicht bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls. Es entsteht eine Phase der Ungewissheit zwischen dem Erbfall und dem Zeitpunkt, an dem das Erbe tatsächlich an das Kind übergeht. Während dieser Phase, insbesondere in Fällen einer Erbengemeinschaft, ist keine endgültige Verteilung des Nachlasses möglich. Falls das Kind tot geboren wird, kommt es zu keinem Erbanfall.