Einerseits stellt sich die Frage: Was passiert mit Erbschaften, die während der Ehe angenommen wurden? Anderseits muss man auch wissen, wie ein gemeinsames Testament oder ein Erbvertrag nach der Scheidung zu bewerten ist. Informieren Sie sich hier über die wichtigsten Fragen zum Thema Erbschaft nach Scheidung und regeln Sie beizeiten, welche Auswirkungen eine Trennung auf Ihren letzen Willen haben soll.
Erbfolge bei Scheidung ohne Testament
Wenn die geschiedenen Eheleute ihre Erbfolge nicht testamentarisch geregelt haben, bleibt es bei der gesetzlichen Erbfolge. Im Fall der vollzogenen Scheidung ist im BGB eindeutig geregelt, dass der geschiedene Ehepartner keinerlei gesetzliches Erbrecht mehr hat. § 1933 BGB regelt darüber hinaus, dass das Ehegattenerbrecht auch entfällt, wenn die Scheidung bereits in die Wege geleitet wurde. Voraussetzung ist, dass einer der Eheleute den Scheidungsantrag gestellt hat. Hat nicht der Erblasser den Antrag gestellt, so muss er diesem zugestimmt haben.
Fazit: Verstirbt der Ex-Ehepartner nach der rechtskräftigen Scheidung oder kurz davor, zählt der hinterbliebene Ex-Ehegatte nicht mehr zum Kreis der gesetzlichen Erben. Damit entfällt auch jeglicher Pflichtteilsanspruch.
Erbschaft nach Scheidung bei Testament
Komplizierter liegt der Fall, wenn ein Testament existiert, in dem der Erblasser den Ex begünstigt hat. Das kann in einem Einzeltestament erfolgt sein oder im Rahmen eines gemeinsamen Testaments oder im Zuge eines Ehe- und Erbvertrages.
Erbfolge bei Berliner Testament oder Erbvertrag
Immer dann, wenn sich die Ehepartner in einem Berliner Testament oder im Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, sind die Rechtsfolgen einer Scheidung eindeutig: Der letzte Wille verliert seine Wirksamkeit (§ 2077 Abs. 1 BGB). Das gilt auch schon im Fall, dass der Scheidungsantrag vorliegt und diesem zugestimmt wurde. Eine Ausnahme bildet ein Testament, das auch Verfügungen enthält, die nicht wechselbezüglich sind. Es muss immer geprüft werden, ob die Eheleute jeweils die Verfügung auch für den Fall der Scheidung vorgenommen hätten. In der Praxis ist diese Auslegung oft schwierig. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, ist es zu empfehlen, dass die Ehepartner gleich im Testament ausdrücklich bestimmen, ob eine Verfügung auch im Fall der Scheidung gelten soll.
Erbfolge bei Einzeltestament eines Ehepartners
Nicht immer fertigen die Eheleute ein gemeinsames Testament an. Auch in der Ehe kann jeder Ehepartner selbstverständlich ein Einzeltestament aufsetzen. In dem Fall muss wieder der Inhalt des Testaments genauer geprüft werden. Ein Einzeltestament kann der Testierende jederzeit selbst durch Vernichtung unwirksam machen. Der im Testament Begünstigte muss – anders als bei Berliner Testament – gar nichts vom Testament erfahren. Daher wird hier besonders sorgfältig auszulegen sein, ob der Testierende das Testament für den Fall der Scheidung nicht aufgesetzt hätte.
Während der Ehe geerbtes Vermögen
Doch was passiert mit der Erbschaft nach Scheidung, wenn ein Erbfall bereits in der Ehe eingetreten ist? Ein klassischer Fall ist, dass einer der Eheleute von den verstorbenen Eltern ein Haus erbt, in das die Familie dann einzieht.
Grundsätzlich gilt: Wenn einer der Ehepartner während der Ehe etwas erbt, so fällt dieses Erbe nicht in den Zugewinnausgleich. Das bedeutet, dass im Scheidungsverfahren das geerbte Vermögen als Anfangsvermögen gilt. In einer Zugewinngemeinschaft muss also das Erbe bei Scheidung nicht geteilt werden, sondern es bleibt das alleinige Vermögen des Ehepartner, der geerbt hat.
Besonderheit bei Grundbesitz
Es gibt aber eine Besonderheit: Wenn das Erbe, beispielsweise eine Immobilie, während der Ehe an Wert gewonnen hat, dann ist diese Wertsteigerung im Scheidungsfall auszugleichen. Eine Werterhöhung wird also beim Zugewinn berücksichtigt, obwohl das eigentliche Erbe nicht darunter fällt. Für die Berechnung der Wertsteigerung ist immer der Zeitraum zwischen Erhalt der Erbschaft und Einreichen des Scheidungsantrags entscheidend.
Komplexer wird der Sachverhalt, wenn es um Mieteinnahmen geht oder der andere Ehepartner beispielsweise viel in die Renovierung der Immobilie investiert hat. In solchen Fällen ist eine individuelle Rechtsberatung unerlässlich. Zu empfehlen ist, sich bereits im Erbfall Gedanken darüber zu machen, was im Fall einer Scheidung gelten soll und dies vertraglich festzuhalten.