Beherbergungsverbote, Reisewarnungen und Stornierungen als Folgen der Corona-Pandemie im Tourismus. Doch hat man einen Anspruch auf eine Reiserückerstattung wegen Corona der geleisteten Zahlungen und wenn ja wer übernimmt diese?
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Wann ist eine kostenfreie Stornierung bei Pauschalreisen möglich?
Grundsätzlich ist eine kostenfreie Stornierung bei einem bestehenden Beherbergungsverbot möglich. Hierbei annulliert meist schon der Vermieter/ Hotelier die Buchung. Dieser ist durch das Verbot touristischer Übernachtungen nämlich nicht in der Lage seine Beherbergungsleistung zu erbringen.
Aber auch bei einer ausgesprochenen Reisewarnung ist dies möglich. Gemäß § 651h Abs. 3 BGB hat der Reiseveranstalter keinen Anspruch auf eine Entschädigung, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände in der jeweiligen Urlaubsregion auftreten. Eine Reisewarnung ist laut Auswärtigem Amt ein starkes Indiz für das Vorherrschen solcher Umstände.
Ein kostenfreier Rücktritt ist zudem auch dann möglich, wenn bei Antritt der Reise erhebliche Leistungsänderungen vorgenommen werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Sehenswürdigkeiten gesperrt sind oder einer 14-tägige Quarantäne nach Einreise nachzukommen ist.
Reiserückerstattung wegen Corona bei Individualreisen?
Allgemein gilt, dass auch bei Individualreisen geleistete Anzahlungen für später vom Veranstalter stornierte Flüge oder Übernachtungen zurückgefordert werden können. Laut geltendem Recht ist bei einer selbstständigen Stornierung die Gebühr nur dann nicht zu zahlen, wenn ein Einreiseverbot für die Urlaubsregion vorliegt.
Zudem ist zu beachten, dass bei Auslands-Buchungen über Online-Portale nicht immer das deutsche Recht gilt. Dies kann zur Folge haben, dass kein Anspruch auf eine kostenfreie Stornierung und somit auf eine Rückerstattung wegen Corona besteht. Prinzipiell existieren in diesem Bereich sehr viele rechtliche Unsicherheiten. Aus diesem Grund sollte man immer die individuelle Einigung mit dem Vermieter suchen. Eventuell ist das Finden einer Kulanzlösung möglich.
Absage noch vor Reisewarnung – wer trägt die Kosten?
Ein wegweisendes Urteil wird vom Bundesgerichtshof (BGH) ein einem Fall erwartet, in dem es um die Frage ging, ob der Reisende auch nachträglich die Stornokosten zurückbekommt (Az. X ZR 53/21). Der Kläger hatte eine Japan-Reise im Wert von ca. 6000 Euro im April 2020 geplant. Aufgrund der Pressemeldungen über Schließung von öffentlichen Einrichtungen in Japan wegen Corona, war er bereits am 1. März 2020 vom Vertrag zurückgetreten – noch bevor eine ausdrückliche Reisewarnung in Deutschland bestand. Denn er fürchtete, dass bei längerem Abwarten die Stornokosten steigen würden. Im April – noch vor dem Beginn der ursprünglich gebuchten Reise – wurde dann erst die Reisewarnung für Japan ausgesprochen. Der Kläger hätte bei längerem Abwarten also das Geld zurück erhalten. Kann er die Stornokosten (ca. 1500 Euro) nun nachträglich zurückfordern?
Der Kläger beruft sich darauf, dass zu jenem Zeitpunkt bereits “außergewöhnliche Umstände” bestanden, weshalb die Rückerstattung wegen Corona nicht von ihm selber getragen werden müsste. Der Reiseveranstalter wies hingegen darauf hin, dass zum Zeitpunkt des 1. März das Ausmaß der Pandemie noch nicht erkennbar gewesen wäre. Das Landgericht München gab dem Kläger Recht.
Ausschlaggebend soll nicht das Datum des Reiserücktritts sein, sondern der geplante Reisebeginn. Da im März 2020 bereits massive Maßnahmen erkennbar waren, wäre eine Benachteiligung von Reisenden, die daher “vorsorglich” stornierten unverhältnismäßig. Am 2. August 2022 hat der BGH nun die Sache zunächst an den Europäischen Gerichtshof weiterverwiesen, da für Pauschalreisen einheitliche Regeln in der EU gelten. Eine finale Entscheidung steht also noch aus.
Angst vor Ansteckung
Wenn die Angst vor einer möglichen Ansteckung mit dem Corona Virus der Grund für den Reiserücktritt ist verhält es sich allerdings anders. Es kann passieren, dass der Veranstalter die Kosten der Buchung abzüglich der ersparten Aufwendungen verlangt. Diese pauschalen Kosten sind meist in den AGB festgehalten. Darauf ist also stets zu achten, da somit die Rückerstattung wegen Corona gemindert ist.
Muss man einen Reisegutschein annehmen?
Hierbei ist die Rede von der freiwilligen Gutscheinlösung. Wie der Name schon sagt ist das Annehmen des Gutscheins grundsätzlich nicht verpflichtend. Sie möchten also keine Umbuchung akzeptieren und eine spätere Reise kommt nicht in Betracht? Dann haben Sie einen Anspruch auf die volle Rückzahlung des Reisepreises. Die gesetzliche Frist für die Erstattung des Reisepreises liegt bei zwei Wochen, meist dauert es jedoch länger.
Sollte der Reiseveranstalter keine Rückerstattung wegen Corona einleiten, hat der Geschädigte das Recht dies mit Nachdruck einzufordern. Hierbei besteht die Möglichkeit eine schriftliche Mahnung mit den persönlichen Daten zu ergänzen und diese dem Veranstalter zukommen zu lassen.
Was passiert wenn der Veranstalter Insolvenz anmeldet?
Alle Pauschalreisen die vor dem 08. März 2020 gebucht wurden sind durch eine staatliche Garantie abgesichert. Somit werden im Falle einer Pleite des Reiseveranstalters die geleisteten Zahlungen in vollem Umfang vom Staat zurückerstattet.
Für nach dem 08. März 2020 gebuchte Reisen und deren Kosten können Sie jedoch keine Rückerstattung wegen Corona verlangen. Hier geht man davon aus, dass der potentielle Reisende sich dem Risiko bewusst war.
EuGH: Corona-Einschränkungen während der Reise sind vertragswidrig
In der Entscheidung ging es um die Frage, was passiert, wenn während einer angetretenen Pauschalreise am Urlaubsort Corona-Einschränkungen eingeführt werden. In dem konkreten Fall hatte ein Ehepaar im März 2020 eine zweiwöchige Pauschalreise auf die Kanaren angetreten. Schon nach zwei Tagen wurden die Strände und Pools am Urlaubsort gesperrt und das Animationsprogramm wurde abgesagt. Nach einer Woche mussten die Reisenden den Rückflug antreten und verlangten eine 70 % ige Minderung des Reisepreises. Sie beriefen sich darauf, dass die Reise nicht vertragsgemäß erfüllt wurde.
Der Reiseveranstalter meinte hingegen, dass sich nur das “allgemeine Lebensrisko” erfüllt haben, zumal zeitgleich auch in Deutschland die entsprechenden Maßnahmen eingeführt wurden. Der EuGH stellte sich auf die Seite Reisenden und urteilte, dass generell Vertragswidrigkeit auch dann vorliegen kann, wenn der Veranstalter keinerlei Einfluss auf die Einschränkungen hatte. Irrelevant sei die Tatsache, dass die Urlauber auch in Deutschland unter den Einschränkungen leiden mussten. Zum Umfang der Reisepreisminderung muss nun das Landgericht München entscheiden. (siehe EuGH, Az. C-396/21 |)