Der Beschluss wird auf aktuell bestehende und geplante Ausgangsbeschränkungen Auswirkungen haben. In einigen Bundesländern gibt es bereits wieder Ausgangssperren, teilweise zeitlich beschränkt, teilweise nur für Ungeimpfte. Wer sich in Zeiten geltender Ausgangsbeschränkungen auf der Straße aufhält, muss nachweisen, dass er hierzu berechtigt ist.
Wer beruflich unterwegs sein muss, kann mit der Arbeitgeberbescheinigung Ausgangssperre nachweisen, dass er vor Ort in der Firma unabkömmlich ist.
Wie beurteilt das Bundesverfassungsgericht die Ausgangsbeschränkungen?
Konkret haben sich die Richter mit der Frage der Verhältnismäßigkeit des § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG beschäftigt. Waren die Maßnahmen geeignet und auch erforderlich, um einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck zu verfolgen?
Auf der einen Seite stehen die erheblichen Beeinträchtigungen von mehreren Grundrechten, auf der anderen Seite stehen sehr bedeutsame Gemeinwohlbelange. Durch die Ausgangsbeschränkungen betroffen waren und sind die Freiheitsrechte aus Artikel 2 Absatz 2, Satz 2 Grundgesetz (GG), also die Bewegungsfreiheit, sowie das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit Artikel 2 Absatz 1 GG. Darüber hinaus betreffen Ausgangssperren auch den Schutzbereich des Artikel 6 GG, also Ehe und Familie.
Zum Schutz von Leben und Gesundheit geeignet
Aus Sicht der Richter waren diese Eingriffe aber im Ergebnis verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zum einen waren die Ausgangsbeschränkungen Teil eines Gesamtschutzkonzepts, das dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen sollte. Ein unbestritten verfassungsrechtlich legitimer Zweck. Dass die Eingriffe auch zur Erreichung des Zwecks geeignet waren, beruhte auf der Annahme, dass alle Schutzmaßnahmen gegen die Virusübertragung (z.B. Masken, Lüften und allgemeiner Hygieneregeln) im privaten Bereich zur Abend- und Nachtzeit nur eingeschränkt durchsetzbar sind. Aus Sicht des Gerichts war diese Annahme “hinreichend tragfähig”.
Das Gebot der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Denn in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstaben a bis g IfSG gibt es Ausnahmeregelungen, die grundrechtlich geschützte, entgegenstehende Belange besonders berücksichtigen. Diese Ausnahmen betreffen beispielsweise die Berufsausübung für Arbeitnehmer, die nicht im Homeoffice arbeiten können.
Nur bei äußerster Gefahrenlage
Die Richter am Bundesverfassungsgericht urteilten, dass die einschneidenden Ausgangsbeschränkungen nur in einer äußersten Gefahrenlage in Betracht kommen. Diese lag zum damaligen Zeitpunkt vor. Die Richter beurteilten also die Gefahrenlage im Frühjahr 2021 und nicht die aktuelle Lage.