Erst sehr viel später wurde ein Gesetz erlassen, das eine Ausnahme zu diesem Grundsatz darstellt. Verbrauchern wurde ein Widerrufsrecht eingeräumt, um sich innerhalb einer betimmten Zeit von einem Vertrag zu lösen. Dazu hat der Gesetzgeber das Haustürwiderrufsgesetz (HTWG) erlassen, das 1986 in Kraft trat. Hintergrund war der Verbraucherschutz beim Direktvertrieb. Unerfahrene Verbraucher galt es vor der Überrumpelungsgefahr bei Haustürgeschäften zu schützen. Das Gesetz wurde um ein Fernabsatzgesetz erweitert und mit der Reform 2002 schließlich in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) integriert.

Ausweitung des Widerrufsrechts

Im Zuge der Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie 2014 wurde das sogenannte Widerrufsrecht erheblich geändert. Unter anderem wurde es in seinem Anwendungsbereich erweitert und erfasst nunmehr außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Wichtigster Anwendungsbereich des Widerrufsrechts sind die Fernabsatzverträge. Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher der unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wird.

Was sind Fernkommunikationsmittel?

Zu den Fernkommunikationsmitteln gehören das Telefon, SMS, E-Mails und als heutzutage wesentliche Form des Vertragsschlusses das Internet. Durch das Widerrufsrecht soll dem Verbraucher beim Vertragsschluss im Internet die Möglichkeit eingeräumt werden, die Ware zu prüfen, bevor er sich endgültig dazu entscheidet sie zu behalten.

Wann ist ein Widerruf rechtsmissbräuchlich…

In einem aktuellen Fall musste sich der BGH (Urteil v. 16.03.2016 – VIII ZR 146/15) mit der Frage beschäftigen, wann sich ein Verbraucher rechtsmissbräuchlich verhält und der Widerruf in Folge dessen unwirksam ist.

… und damit unwirksam?

Der Kläger hatte bei der Beklagten zwei Matratzen gekauft. Diese wurden geliefert und vom Kläger bezahlt. Noch innerhalb der Widerrufsfrist, informierte er die Beklagte darüber, dass die Matratzen bei einem anderen Anbieter günstiger zu haben sind. Er forderte die Beklagte sodann unter Hinweis auf ihre versprochene Tiefpreisgarantie auf, den Differenzbetrag von 32,98 Euro zu erstatten. Er verzichte im Gegenzug auf die Geltendmachung des ihm zustehenden Widerrufsrecht. Hierauf lies sich die Beklagte nicht ein. Sie war der Ansicht, der Kläger verhalte sich rechtsmissbräuchlich. Das Widerrufsrecht sei dazu gedacht um die Ware zu prüfen, aber nicht um eine Tiefpreisgarantie durchzusetzen. Der vom Kläger ausgeübte Widerruf sei deshalb unwirksam.

Die Beweggründe spielen keine Rolle

Der zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hält das Vorgehen des Klägers nicht für rechtsmissbräuchlich und gab seinem Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung, wie alle vorherigen Instanzen auch, statt. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genüge allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt werde. Das Gesetz sehe ausdrücklich keine Begründung des Widerrufs vor, weshalb es auch ohne Belang sei, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts komme nur in Betracht, wenn der Verbraucher arglistig handele und etwa eine Schädigung des Verkäufers beabsichtige. Ein derartiges Vorgehen liege hier aber nicht vor.