Der Umfang der Entscheidungsbefugnis des Bevollmächtigten kann in der Vorsorgevollmacht frei festgelegt werden. In der Regel wird die Vollmacht möglichst umfassend formuliert, damit alle wichtigen Fragen vom Bevollmächtigten geregelt werden können. Die Vorsorgevollmacht erstreckt sich daher auf medizinische und auf vermögensrechtliche Entscheidungen.
Wann wird die Vollmacht eingesetzt?
Die Besonderheit der Vorsorgevollmacht besteht darin, dass die Vollmacht für die Zukunft erstellt wird. Sie soll zum Einsatz kommen, wenn der Vollmachtgeber selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht handeln kann. Erst wenn er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen, soll der Bevollmächtigte für ihn handeln dürfen. Der Vorsorgebevollmächtigte kann dann sofort handeln. Bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht wird nur in Ausnahmefällen eine rechtliche Betreuung angeordnet.
Wann wird ein Betreuer bestellt?
Nach dem Willen des Gesetzgebers muss ein Betreuer bestellt werden, wenn jemand nicht mehr dazu in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Führen Sie sich vor Augen, dass durch einen Unfall oder eine plötzliche Erkrankung in eine Situation geraten kann, in der er plötzlich handlungsunfähig ist. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass es keinerlei gesetzliche Vollmachten für ihre nächsten Angehörigen gibt, mit denen diese die wichtigsten Dinge regeln könnten.
Aber man kann durch eine privat erstellte und umfassende Vorsorgevollmacht die gerichtliche Betreuung verhindern. Lesen Sie hier ausführlich, wann eine Vorsorgevollmacht eine gerichtliche Betreuung verhindert.
Gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ist die Bestellung eines (gerichtlichen) Betreuers nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen (oder mehrere) Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Um im Ernstfall eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, muss man einer Vertrauensperson eine Vorsorgevollmacht ausstellen.
Wem erteile ich eine Vorsorgevollmacht?
In vielen Fällen hat der Vollmachtgeber nicht nur eine Vertrauensperson, sondern mehrere. Viele Vollmachtgeber wollen die eigenen Kinder gleichberechtigt behandeln, also auch in gleichem Umfang bevollmächtigen. Wie geht man am besten vor, wenn man mehreren Vertrauenspersonen eine Vollmacht ausstellen möchte? Der Gesetzgeber macht hierzu keine Vorgaben. Das bedeutet, Sie können theoretisch jedem Kind eine eigene Vollmacht ausstellen.
Was ist ein Ersatzbevollmächtigter?
Ein Ersatzbevollmächtigter wird oft ernannt, weil man befürchtet, dass der eigentliche Bevollmächtigte im Notfall eventuell nicht erreichbar ist oder aus anderen Gründen ausfällt. Die Vollmacht des Ersatzbevollmächtigten umfasst grundsätzlich alle Bereiche. Daher sollten Sie mit den Bevollmächtigten unbedingt besprechen, wie die Vollmacht in der Praxis verwendet werden soll. Man kann beispielsweise in einer Innenvereinbarung mit den Bevollmächtigten eine Entscheidungsrangfolge festlegen. Bestimmen Sie also beispielsweise einen Hauptbevollmächtigten und mehrere Ersatzbevollmächtigte. Jede Person erhält eine eigene Ausfertigung der Vollmacht. Formulieren Sie intern deutlich, dass der Ersatzbevollmächtigter dann nur entscheiden darf, wenn der Hauptbevollmächtigte verhindert ist. Nach außen hin sollte keine der Vollmachten Einschränkungen haben.
Soll ich die Vollmacht beschränken?
Alle Einschränkungen, die in der Vollmacht selbst enthalten sind, können in der Praxis zu Entscheidungsverzögerungen und Schwierigkeiten führen. Wenn Sie beispielsweise in die Vollmacht schreiben, dass Ihre Tochter Hauptbevollmächtigter sein soll und Ihr Sohn nur Ersatzbevollmächtigter, stellt das einen Dritten vor Probleme. Wie soll beispielsweise ein Arzt, ein Vermieter oder ein Bankangestellter prüfen, ob die Tochter tatsächlich verhindert ist, wenn der Sohn ihm die Vollmacht vorlegt? Der Dritte wird im Zweifel die Vollmacht des Ersatzbevollmächtigten nicht akzeptieren oder eine gerichtliche Prüfung veranlassen. Wertvolle Zeit geht verloren. Wichtig ist daher, dass Einschränkungen der Vollmacht immer nur intern geregelt werden sollten, ggf. im Rahmen einer eigenständigen Vereinbarung, der Innenvereinbarung zur Vorsorgevollmacht.
Zwei Bevollmächtigte?
Es kann aber natürlich auch der ausdrückliche Wunsch eines Vollmachtgebers sein, zwei Bevollmächtigte zu haben. Wenn Sie eine sogenannte Doppelvollmacht ausstellen wollen, dann gibt es hierfür mehrere Varianten. Wenn Sie wünschen, dass die Bevollmächtigten nur zusammen entscheiden sollen, dann muss das so in der Doppelvollmacht stehen. Die Bevollmächtigten sind dann gezwungen, sich untereinander abzusprechen und zu einigen. Und Sie müssen ggf. immer zusammen auftreten, um beispielsweise mit dem Arzt zu sprechen. Verzögerungen können sich in dem Fall leider ergeben. Die zweite Variante wäre, dass Sie jedem Bevollmächtigten eine nach außen unbeschränkte Vollmacht erteilen. In dem Fall sollte eine Innenvereinbarung zur Vorsorgevollmacht nicht fehlen. Egal, für welche Form der Vollmacht man sich entscheidet: Im Vorfeld sollte eine detaillierte Besprechung mit den Vorsorgebevollmächtigten stattfinden, um späteren Streit zu vermeiden.
Was passiert bei Streit zwischen mehreren Bevollmächtigten?
Leider lässt es sich oft nicht vermeiden, dass es beim Einsatz von mehreren Bevollmächtigten zum Streit kommt. Das Auftreten einer schwerwiegenden Erkrankung, wie Alzheimer oder Demenz ist für jede Familie eine Ausnahmesituation. Auch wenn früher einmal Einigkeit unter den Geschwister bestand, kann eine dauerhafte Belastung dazu führen, dass es zu Unstimmigkeiten kommt. Welche Folgen hat eine Meinungsverschiedenheit zwischen Bevollmächtigten? Solche Streitigkeiten können leider im Ergebnis dazu führen, dass trotz einer Bevollmächtigung ein Außenstehender als Betreuer eingesetzt wird. Im Zweifel muss das Betreuungsgericht eingeschaltet werden.
BGH-Entscheidung zum Streit um Vorsorgevollmacht
So hatte der Bundesgerichtshof in einem Fall zu entscheiden, in dem es um die Versorgung einer an Demenz erkrankten Mutter mit zwei Töchtern ging (Az. XII ZB 671/12) . Tochter 1 hatte eine umfassende Vollmacht, lebte allerdings nicht in der Nähe der Mutter. Sie hatte aber einen Pflegedienst organisiert und die Mutter hatte auch engen Kontakt zu Nachbarn. Sie war unstreitig „gut versorgt“. Dann zog nach einiger Zeit Tochter 2 bei der Mutter ein. Sie hatte keine Vollmacht von der Mutter, übernahm aber persönlich deren Pflege. Der Pflegedienst wurde gekündigt. In der Folge kam es zu erheblichen Streitigkeiten zwischen den Schwestern, was die Versorgung der Mutter anging. Das Betreuungsgericht sah keine andere Möglichkeit, als – trotz der Vorsorgevollmacht – die rechtliche Betreuung anzuordnen.
Obwohl das Gericht der Meinung war, dass Tochter 1 ihre Vollmacht nie missbraucht hatte und „redlich“ gehandelt hat. Denn Tochter 1 war wegen eigenmächtigen und störenden Verhaltens eines Dritten (Tochter 2) nicht in der Lage, zum Wohle des Vollmachtgebers (der Mutter) zu handeln. Fazit: Trotz einer gültigen Vorsorgevollmacht wurde ein Betreuer bestellt.
Wann wird ein Kontrollbetreuer bestellt?
Wenn ein Verwandter oder auch ein Dritter, wie beispielsweise ein Nachbar, Zweifel daran hat, dass der erkrankte Vollmachtgeber noch ausreichend versorgt wird, kann er sich an das Betreuungsgericht wenden. Das Gericht muss dann die Eignung des Bevollmächtigten prüfen und sicherstellen, dass das Wohl des Vollmachtgebers nicht gefährdet ist. In vielen Fällen wird dann zunächst ein sogenannter Kontrollbetreuer bestellt.
Betreuer trotz Vollmacht nur in Ausnahmefällen
Ein Kontrollbetreuer soll positiv auf den Bevollmächtigten einwirken, wenn dieser mit dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäfte überfordert ist. Auch wenn Zweifel an der Redlichkeit oder Tauglichkeit des Bevollmächtigten bestehen, kann das Gericht zunächst einen Kontrollbetreuer bestellen. Dieser soll prüfen, ob die Bedenken berechtigt sind. Stellt der Kontrollbetreuer fest, dass der Bevollmächtigte tatsächlich nicht willens oder nicht in der Lage ist, das Wohl des Vollmachtgebers zu gewährleisten, muss ein Betreuer eingesetzt werden. Hat der Vollmachtgeber einen Einfluss auf die Wahl des Betreuers? Ja, in einer gesonderten Verfügung können bezüglich einer etwaig erforderlich werdenden Betreuung Wünsche geäußert werden. Die letzte Entscheidung über die Wahl des Betreuers obliegt jedoch dem Gericht. In der Regel werden die Wünsche des Verfügenden allerdings befolgt.
Was passiert ohne Vorsorgevollmacht?
Wenn der Vorsorgebevollmächtigte im Ernstfall verhindert ist oder aus anderen Gründen keinen Gebrauch von seiner Vollmacht machen möchte, muss in der Regel ein gerichtlicher Betreuer bestellt werden. Das ist beispielsweise auch der Fall, wenn die Vollmacht abhanden gekommen ist. Denn es muss immer ein Original-Dokument vorgelegt werden. Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht errichten, sollten Sie daher immer gleichzeitig Gedanken darüber machen, was im Fall einer Betreuung gelten soll. Daher sollten Sie immer auch eine Betreuungsverfügung aufsetzen.
Betreuungsverfügung parallel aufsetzen
In der Betreuungsverfügung benennen Sie eine Person, die nach Ihrem Willen Ihre Betreuung übernehmen sollte. Sie können bestimmte Personen auch ablehnen. Das Gericht prüft dann die in der Betreuungsverfügung genannten Personen auf ihre Eignung hin. Sofern keine wichtigen Gründe dagegen sprechen, bestellt das Gericht dann den gewünschten Betreuer. Dem Vorsorgebevollmächtigten wird damit die Vollmacht entzogen. Eine Betreuung oder eine Kontrollbetreuung wird allerdings nicht nur auf “Verdacht” angeordnet. Es müssen konkrete Tatsachen vorgebracht werden. Eine Kontrollbetreuung darf wie jede andere Betreuung nur dann errichtet werden, wenn sie wirklich zum Wohle des Vollmachtgebers erforderlich ist (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB).
BGH-Entscheidung zum Streit bei mehreren Bevollmächtigten
So lehnte der BGH die Bestellung eines Kontrollbetreuers für eine an Demenz erkrankte Frau ab, deren drei Söhne in Streit über die Organisation der Pflege geraten waren (Az. XII ZB 537/10). Ursprünglich waren alle drei Söhne von der Mutter bevollmächtigt worden. Sohn 1 wollte den Streit vom Betreuungsgericht entscheiden lassen. Darauf hin entzog die Mutter ihm beim Notar die Vollmacht (in einem geistig klaren Moment). Der Sohn wollte dann wegen der Unstimmigkeiten mit den Brüdern die Kontrollbetreuung anordnen lassen. Das Gericht sah dafür kein Erfordernis. Begründung: Zwar leide die Betroffene an einem fortgeschrittenen demenziellen Syndrom. Ihr Hausarzt habe jedoch bestätigt, dass die pflegerische Versorgung ausreichend gewährleistet sei. Hinzu komme, dass eine Kontrolle der beiden noch bevollmächtigten Söhne auch untereinander erfolgen könne. Das Vorhandensein mehrerer, sich potenziell wechselseitig überwachender Bevollmächtigter schließe das Bedürfnis für eine Kontrollbetreuung regelmäßig aus.
Zwei Bevollmächtigte für unterschiedliche Bereiche?
Eine Vorsorgevollmacht muss nicht immer umfassend erteilt werden. Es ist möglich, unterschiedlichen Bevollmächtigten die Vollmacht bezüglich unterschiedlicher Bereiche zu erteilen. Es handelt sich dann nicht um eine echte Doppelvollmacht, denn für jeden Bereich gibt es nur einen Bevollmächtigten. In der Regel wird ein Gesundheitsbevollmächtigter und ein Vermögensbevollmächtigter benannt. Wenn man sich für eine solche Aufteilung der Vollmacht entscheidet, sollte man in jedem Fall sicherstellen, dass die Bevollmächtigten damit einverstanden sind. Nur so kann ein Streit unter den Bevollmächtigten verhindert werden. Denn diese müssen sich selbstverständlich untereinander absprechen. Ohne Absprache und gegenseitiges Vertrauen wird eine Aufteilung der Vollmachten in der Praxis gar nicht möglich sein.
Vorteile der Trennung nach Bereichen in der Vorsorgevollmacht
Wenn beispielsweise der Gesundheitsbevollmächtigte einen Pflegedienst bestellen will und der Vermögensbevollmächtigte das Geld dafür nicht freigibt, kann der eine den anderen blockieren. Ganz davon abgesehen, dass es dadurch Probleme geben kann, dass einer der Bevollmächtigten nicht erreichbar ist. Wer entscheidet dann? Es müsste zunächst die Vollmacht des einen widerrufen werden, damit der andere ggf. auch diesen Fällen entscheiden kann (sofern er vorher zum Ersatzbevollmächtigten bestellt wurde). Auch hier gilt dann in Streitfällen wieder, dass das Betreuungsgericht angerufen werden muss.