Der Kläger war bei der Beklagten, ein Unternehmen das Kaffeeautomaten betreibt, fast 20 Jahre lang als Vertriebsmitarbeiter beschäftigt. Zur Ausübung seiner Tätigkeit nutzte er, wie seine Arbeitskollegen auch, einen von der Beklagten gestellten Geschäftswagen. Als dieser von der Beklagten optisch verändert wurde, war für den Arbeitnehmer der Spaß vorbei.
Auffälliger Dienstwagen führt zu Ärger
Der Wagen erhielt eine Klebefolie mit Kaffeebohnen aus denen nackte Frauenbeine mit halb ausgezogenen roten Pumps ragten. Zusätzlich wurden die zunächst grauen Radkappen gegen Rote ausgetauscht. Nachdem die Blickfänger das Fahrzeug zierten, kam es zwischen dem Kläger und der Beklagten zum Streit. In dem Streitgespräch äußerte der Kläger, dass er mit solch einem „Puffauto“ keine Geschäfte mehr erledigen wolle. Die Firma sprach eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages aus und stellte hilfsweise zusätzlich ein fristgerechtes Kündigungsschreiben aus.
Urteil: Nur fristgerechte Kündigung wirksam
In dem anschließenden Kündigungsrechtsstreit kam das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, die außerordentliche Kündigung sei zwar unwirksam, die ordentliche hingegen wirksam (AG Mönchengladbach Urteil vom 14.10.2015 – 2 Ca 1765/15). Für die fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages fehle eine vorherige Abmahnung durch die dem Kläger sein Fehlerverhalten vor Augen geführt und für den Wiederholungsfall eine Kündigung angedroht werde. Ferner kam das Gericht im Rahmen der erforderlichen Abwägung zu dem Ergebnis, dass das Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden, überwiegt. Dies insbesondere mit Blick auf das bereits langjährige Arbeitsverhältnis von fast 20 Jahren.
Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst die Auswahl des Dienstwagens
Die ordentliche Kündigung hingegen sei wirksam. Ein Arbeitgeber habe im Rahmen seines Direktionsrechts grundsätzlich das Recht, seinem Arbeitnehmer ein nach seinen Vorstellungen gestaltetes Fahrzeug zuzuweisen. Eine Prüfung der Sozialwidrigkeit sei nicht zu überprüfen, weil die Beklagte nicht mehr als 10 Mitarbeiter beschäftige und deshalb das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei. Die Kündigung verstoße auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Die Homosexualität des Klägers sei nicht der Grund für die Zuweisung dieses Wagens gewesen.
Wann darf ein Arbeitgeber außerordentlich kündigen?
Außerordentlich kündigen kann ein Arbeitgeber immer dann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser Grund muss so schwerwiegend sein, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist festzuhalten. Widersprüchlich wäre es, wenn der Arbeitgeber bereits über längere Zeit Kenntnis von dem – die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden – Grund hat und diese aber erst viel später aus heiterem Himmel ausspricht. Aus diesem Grund sieht das Gesetz vor, dass eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen, nachdem der Kündigende von dem wichtigen Grund Kenntnis erlangt hat, kündigen kann. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist aber nur dann wirksam, wenn zusätzlich zu dem wichtigen Grund die nachfolgenden vier Voraussetzungen vorliegen.
Das ist bei einer außerordentlichen Kündigung zu beachten
1.) Der vom Arbeitgeber begangene Pflichtverstoß muss schuldhaft begangen worden und rechtswidrig sein. Liegen den Verstoß rechtfertigende Umstände vor, kommt eine außerordentliche Kündigung nicht in Betracht. Ebenso, wenn der Arbeitnehmer für den Pflichtverstoß gar nichts kann.
2.) Die außerordentliche Kündigung muss ferner das letzte Mittel (ultima ratio) sein. Das heißt, es darf kein milderes Mittel geben um das Arbeitsverhältnis zu reparieren. Als milderes Mittel kommt etwa eine Abmahnung des Arbeitnehmers, eine Änderungskündigung, eine ordentliche Kündigung oder eine Versetzung in Betracht.
3.) Die vorzunehmende Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Das ist der Fall, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung das Interesse des Arbeitnehmers an der Einhaltung der Kündigungsfrist überwiegt. An dieser Stelle kommt dann auch die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses zum Tragen und der Gesichtspunkt, ob dieses bisher reibungslos verlief.
4.) Letztendlich muss der Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung innerhalb der Zweiwochenfrist aussprechen. Die Frist beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt hat.